Ich habe endlich Love, Simon… gesehen

Seitdem ich den Trailer zu Love, Simon gesehen habe und eine Veröffentlichung in den deutschen Kinos noch nicht einmal geplant war, war ich übermäßig glücklich. Ich erinnere mich noch an die grausame Zeit meines Coming Outs; wie ich mir vor Familienmitgliedern und Freunden rechtfertigen musste; und beweisen musste, dass ich es mit meiner sexuellen und geschlechtlichen Identität ernst meine. Es war für mich eine schwierige Zeit und obwohl der Trailer des Films nichts mit meinen Erlebnissen eins hatte, konnte ich es kaum erwarten, ihn zu sehen.

Ich war extrem neidisch, als alle LGBT-Social Media Stars und Influencer aus den USA den Film bereits sehen konnten. Tagtäglich fluteten mich Tweets von US-Stars wie fantastisch der Film sein würde, während wir in Deutschland noch mehrere Monate auf ihn warten müssten.

Als er in den Kinos endlich anlief, befand ich mich in eine der schwierigsten Zeiten überhaupt. Ich war – und bin – stark depressiv und konnte mich nicht aus dem Bett hieven. Und da dieser Prozess mehrere Wochen, sogar Monate anlief, verpasste ich es letztendlich ins Kino zu gehen. Ich wollte diesen Film unbedingt sehen, konnte mich aber nicht dazu überwinden, mich in die Öffentlichkeit zu begeben, um ihn tatsächlich in einem gefüllten Saal zu sehen.

Yvonne, meine beste Freundin, entschied sich daher, die DVD zu kaufen, sobald sie auf Amazon verfügbar sein würde. Wir würden ihn zusammen gucken und danach darf ich ihn mir so oft ausleihen, wie ich es nur möchte. Yvonne ist eine der besten Personen, die jemals in mein Leben getreten ist und dies war wieder dieser eine Moment, in dem ich sie am liebsten abknutschen könnte.

Gestern haben wir es endlich geschafft, Zeit einzuräumen und schauten uns den Film zusammen bei mir auf der Couch an. Von der ersten Sekunde war ich in diesen Film verliebt. Nicht nur, weil ich die Besetzung liebe und einen großen Faible für Nick Robinson besitze, sondern weil ich Keiynan Lonsdale auch aktiv auf Twitter folge und immer wieder sehe, wie glücklich er damit ist, sich endlich geoutet zu haben. Ich habe das direkt auf den Film übertragen und habe mich somit von Anfang an eng mit dem Film verbunden gefühlt.

Die Geschichte des Films hat mich von Anfang an tief berührt. Ich kann genau verstehen, wie es ist, mit einem Geheimnis leben zu müssen; wie es ist, Angst davor zu haben, sich selbst “zu stellen”; wie man denkt; die Angst, die man hat, dass einem alle verlassen würde. Ich konnte also gut nachvollziehen, warum “Simon” (Nick Robinson) sich dagegen entschied, sich zu outen.

Auch den Verlauf empfand ich als wahnsinnig gut geregelt. Solche Schulblogs, in denen jeder öffentlich posten kann, existieren zu Hauf; und ist es kein Blog, ist eine Facebook-Seite oder ein Twitter-Account.

Das sich darüber zwei ungeoutete Jugendliche kennen lernen, miteinander schreiben, sich ihr Herz öffnen, ist nichts, dass aus einem veralteten Roman entstand, sondern etwas, dass tagtäglich im Internet passiert. Ich habe es geliebt. Jede einzelne E-Mail, die sie sich schrieben und jede Person, bei der man dachte “Er ist Blue”, so wie es Simon in dem Film tut – jeder einzelne Moment davon war pure Liebe.

Als Martin seine gesamten E-Mails klaute und Simon damit erpresste, fühlte ich mich grausam. In der Angst zu leben, dass jemand dein Coming Out “für dich” erledigt, ist eine grausame Vorstellung. Und wie auch mir, ist es im Film geschehen: Martin leakte alle E-Mails, verriet Simon’s Identität und Blue zog sich zurück, aus Angst, ihm könnte das gleiche passieren.

Ich musste verborgen ein wenig weinen. Auch mein Coming Out wurde mir genommen. Zwar wurde ich nicht erpresst, dennoch war es für mich erschreckend, nicht die Wahl gehabt zu haben, zu mir selbst zu stehen.

Und so kam es, dass Blue sich verabschiedete. Die E-Mailadresse war gelöscht und Simon fühlte sich wieder allein, nachdem er endlich jemanden gefunden hatte, den er lieben konnte.

Im letzten Versuch, begibt sich Simon nach der Aufführung des Cabaret-Muscials zum Jahrmarkt und besteigt das Riesenrad, dass für Ihn und Blue so symbolisch war. Unzählige Runden fuhr er, während sich die Schüler um das Riesenrad versammelten, um nicht nur “Blue” kennen zu lernen, sondern auch Simon endlich eine Beziehung zu geben.

Doch als sein letzte Runde anlief und Simon kurz davor war auszusteigen, kam Martin vorbei, entschuldigte sich, spendierte noch ein letztes Ticket und schickte Simon auf seine letzte Reise nach oben. Und da kam er: Bram, der Simon auch so immer wieder auffiel und entzückte, saß sich zu ihm und so bestritten sie zusammen die letzte Fahrt auf dem Riesenrad.

Und so endete der Film. Mit nicht mir vier Iced Coffees, sondern fünf, zwei davon mit Milch. Mit Bram neben Simon sitzend und den Freunden auf der Rückbank. Das Ende war nicht nur schön, es war wunderschön.

Yvonne und Ich lieben diesen Film und wir sind uns einig: Es ist der beste Film, den wir jemals gesehen haben. Unsere Lieblingsfilme wurden vom Thron geworfen und durch Love, Simon ersetzt.

Die Besetzung, die erzählte Geschichte und die Persönlichkeiten der Rollen waren einfach einzigartig. Es gibt für mich keinen besseren Film als Love, Simon und wer ihn bislang noch nicht gesehen hat, sollte es so schnell wie möglich nachholen, selbst wenn man wie Yvonne von sich selbst behauptet: “Überhaupt nicht auf Filme mit schwuler Geschichte steht”.

Aus dem Wayback Machine Archiv.

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